Das Bachbett der Prießnitz, die am Garten des Kraszewski-Museums entlangfließt, ist in diesen Augusttagen fast ausgetrocknet. Es ist schwer zu glauben, dass vor genau 20 Jahren ein kleines, still fließendes Flüsschen das Museum zweimal überschwemmt hat.
Die idyllische Lage des Kraszewski-Museums an der Ecke Nord-/Prießnitzstraße wurde 2002 eine Herausforderung für dieses charmante, im klassizistischen Stil erbaute Gebäude aus dem Jahr 1852. Schließlich steht das Objekt in der Senke und grenzt an einen unscheinbaren Bach, der in die Elbe mündet. Im August 2002 ereilte das Museum das Flutunglück. Innerhalb weniger Tage wurde es vom steigenden Wasser überschwemmt – genau ein Jahr nach einer umfassenden Renovierung der Anlage. Binnen weniger Tage stand der ganze Garten unter Wasser. Um das Ausmaß der Zerstörung zu bewerten, fuhr man mit einem Kajak durch den Garten. Die Lage war verheerend: Das Wasser stand im Erdgeschoss des historischen Gebäudes, die Sandsteinwände waren durchnässt, im Keller stand das Wasser bis zur Decke. Neben der historischen Substanz waren wertvolle Objekte in Gefahr.
Nachbarn und Freunde des Museums reagierten sofort und halfen zunächst, Wertgegenstände und museale Objekte in die obere Etage zu tragen. Sie brachten auch zahlreiche Konservendosen aus ihren eigenen Vorratskammern mit, um in den Ausstellungsräumen schwere Möbel darauf zu stellen, die aufgrund der Größe nicht in den ersten Stock gebracht werden konnten.
Es herrschte eine unbeschreibliche Atmosphäre der Solidarität in der Äußeren Neustadt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Dresdner Stadtmuseumsvereins und des Kulturamtes sowie Schülerinnen und Schüler der benachbarten Waldorfschule boten ihre Unterstützung an. Trotz der schwierigen Situation mit einem bisher ungekannten Ausmaß meldeten sich Freiwillige, die dem kleinen Museum ihre Hilfe anboten. Eigene Gartengeräte wurden mitgebracht, um den Schlamm im Garten so schnell wie möglich zu entfernen. Sandsäcke wurden gemeinsam mit dem Technischen Hilfswerk entlang der Stützmauer verlegt. Nachbarn brachten heißen Tee und Sandwiches.
Sobald der Garten und das Objekt von den Hochwasserrückständen befreit waren, öffnete das Museum am 8. September 2002 am Tag des offenen Denkmals seine Pforten, um zu zeigen, dass das kulturelle Leben in Dresden nicht verloren ging und das Museum kein Raub der Flut geworden ist. In den leeren Ausstellungsräumen wurden zu Chopins Musik Zitate aus Kraszewskis „Reiseblättern“ auf Pappkartons präsentiert, in denen der Autor fröhlich die Tugenden der Sachsen beschreibt. Die improvisierte Ausstellung erfreute sich großer Beliebtheit. Draußen im Garten wurden Fotos präsentiert, die die Hochwassertage auf dem Grundstück und in der Nachbarschaft dokumentierten. Für das leibliche Wohl sorgte das Catering-Unternehmen Moog mit dem polnischen Nationalgericht „Bigos“. Der Erlös aus dem Verkauf wurde dem Museum gespendet. Die Autorin Una Giesecke lud zu Führungen zum Thema „Das geheime Zentrum Dresdens“ ein. Treffpunkt für diese Führungen war natürlich das Kraszewski-Museum.
Nach dem 8. September begann ein komplizierter Prozess der Trockenlegung des Erdgeschossteils des Gebäudes und des Kellers. Dieser dauerte mehrere Monate. Renovierungsarbeiten an der Mauer entlang des Flusses wurden ebenfalls in Angriff genommen. Unterstützung diesbezüglich boten Experten aus der polnischen Partnerstadt Wroclaw/Breslau an, die ihrerseits 1999 Flutschäden beseitigen mussten.
Sechs Monate später, am 1. März 2003, wurde das Museum wiedereröffnet und lud zum Tag der offenen Tür ein. Führungen und andere Veranstaltungsformate wurden als kleines Dankeschön angeboten. Endlich konnte man die wunderbare Atmosphäre des renovierten Museums in der Nordstraße 28 wieder genießen.