Udo Zimmermann ist zweifelsohne einer der wichtigsten Protagonisten in der Geschichte des zeitgenössischen Musiklebens Dresdens. Als umtriebiger Visionär, Komponist und Idealist prägte er entscheidend die Debatten um die „Gegenwartsmusik“ während der DDR und in der Zeit nach 1990. Unter „Gegenwartsmusik“ versteht man umgangssprachlich die Musik, die aktuell für die Konzertsäle und Opernbühnen komponiert wird. Für die meisten Hörer klingt diese Musik schräg und verstörend, wobei gerade Udo Zimmermann immer versucht hat, mit seinen Kompositionen Emotionen zu wecken und Brücken zu althergebrachten Hörgewohnheiten zu schlagen. So kann man bei manchen Stücken von ihm auch meinen, Bach oder Händel zu hören, da er diese zitierend nachahmt. Er brachte es selbst auf den Punkt:
Mit dieser persönlichen Überzeugung und seinem unbedingten Eintreten für die Gegenwartsmusik wurde Zimmermann zu einem ambitionierten, aber teilweise auch unbequemen Vordenker, der versuchte, seine Hörer und ebenso die Kulturpolitik mitzunehmen und nicht in einem antiquierten Konzert- und Theaterbetrieb stehenzubleiben. Seine Impulse wirken in Dresden bis heute nach: Durch ihn wurde maßgeblich das heute bestehende Europäische Zentrum der Künste Hellerau gegründet, welches er als Intendant von 2002 bis 2008 auch leitete. Zuvor hatte er an der Dresdner Semperoper und als visionärer Intendant der Leipziger Oper bereits Akzente gesetzt, die international nachhallten. Seine Berliner Intendanz scheiterte – vielleicht auch an seiner Radikalität und Begeisterung für moderne Oper.
Seine eigene Oper Weiße Rose über die Geschwister Scholl gehört heute zu den meistgespielten Werken der modernen Opernliteratur und wird weltweit aufgeführt – das Werk hat ihn und seinen Namen nachhaltig und weithin bekannt gemacht.
Ein moderner Romantiker
Zimmermann bezeichnete sich selbst als „modernen Romantiker“. Dies lässt sich einmal in seinen Werken, aber auch in seiner Lebenseinstellung nachvollziehen. Vor allem die Märchen-Oper Der Schuhu und die fliegende Prinzessin steht in der Tradition romantischer Opern. Zimmermann sah die Romantik als einen „Zustand produktiven Träumens, glücklichen Meditierens, der zur Verwirklichung von scheinbar Utopischem auffordert“, und er schrieb: „Für mich bedeutet Romantik Denken und Träumen auf der Basis dessen, was das Heute an Möglichkeiten dafür bereits bieten kann.“ Er sah die Musik somit als Möglichkeit, die Wirklichkeit in eine „neue, verbesserte Realität“ zu heben oder zumindest den Hörer in den Zustand einer „Utopie für künftige Wirklichkeiten“ zu versetzen. Damit folgte er der romantischen Vorstellung, dass Musik eine transzendente Wirkung habe und Emotionen transportieren könne. Musik bedeutete für ihn die „Suche nach der Welt von Tönen und zugleich immer nach sich selbst.“ Udo Zimmermann suchte „das andere Ufer“ – eine Welt hinter dem Sicht- und Hörbaren. Zugleich sah er die Musik als Zugang zu einer inneren Welt und verlieh der Kunst die Funktion eines „Innenweltschutzes“, der das empfindliche Ich vor einer rauen und teilweise auch feindlichen Außenwelt und Wirklichkeit schütze. Dabei könnten auf das eigentliche Wesen des Menschen nur die Religion und die Kunst lenken. Ähnlich einem Gebet sah Zimmermann gerade die Musik als transzendente Möglichkeit, um zur Mitte des Selbst zu gelangen.
Sonderausstellung
Das Carl-Maria-von-Weber-Museum stellt den Komponisten und Menschen Udo Zimmermann mit einer Auswahl von Exponaten aus seinem beruflichen und privaten Umfeld vor. Neben Partituren und Autographen sind es vor allem kleine Gegenstände des Alltags, die Zimmermann in gewisser Weise nahbar machen und seine Lebensphilosophie sichtbar werden lassen.
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